No. 12: Wertpapiermärkte

von Thomas Freiberger

Sind die Wertpapiermärkte rational: ja oder nein?!

Wertpapiermärkte_rational

 

Die jüngste Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften an Professor Gene Fama hat einige Kritik an seiner Theorie der effizienten Märkte ausgelöst. Debatten sind eine gute Sache, aber es ist immer ratsam, mit den richtigen Definitionen zu beginnen.

Prof. Gene Famas „Theorie effizienter Märkte " (Efficient Market Hypothesis EMH) ist ein Modell, wie Märkte, insbesondere Wertpapiermärkte, funktionieren. Das Modell wurde in den 1960er Jahren entwickelt. Es sagt im Wesentlichen aus, dass in einem effizienten Markt, die Kurse von Wertpapieren alle öffentlich verfügbaren Informationen widerspiegeln.

Die Börsenkurse verändern sich ständig, da immer neue Informationen in den Markt fließen. Wenn neue Informationen kommen, passen sich die Kurse schnell an und reflektieren diese neuen Informationen. Wenn Informationen nicht wirklich neu sind, da sie den Erwartungen entsprechen und deshalb bereits von den Marktteilnehmern in die Kurse eingepreist sind, ändern sich die Kurse kaum. Nach schlechter als erwarteten Wirtschaftsnachrichten sinken die Aktienkurse jedoch, da die Anleger kollektiv ihre Erwartungen für zukünftige Gewinne herabstufen (und umgekehrt).

Kritiker an der „Theorie effizienter Märkte“ machen es sich in ihrer Argumentation meist zu einfach. Die Aussage über die Effizienz der Märkte bedeutet nicht, dass die Märkte perfekt sind. Es bedeutet auch nicht, dass sich die Märkte immer ordentlich in eine Richtung bewegen. Und es bedeutet weiterhin nicht, dass es keine Anomalien in den Kursen gibt.

Die einfachste Folgerung aus dieser Theorie ist, dass es für einen Spekulanten nicht dauerhaft, sondern nur zufällig möglich ist, den Markt zu schlagen:
Es ist nur dann dauerhaft möglich, eine höhere Rendite als eine sichere Anlage zu erzielen, indem man mehr Risiko eingeht.
Die Theorie entspricht also nur dem gesunden Menschenverstand. Der Kurs eines Wertpapiers stellt die kombinierte Weisheit von Tausenden, wenn nicht Millionen von Käufern und Verkäufern dar, die alle die gleichen öffentlich bekannten Informationen besitzen. Sofern Marktteilnehmer keine Insider-Informationen illegal verwenden, werden es Anleger ziemlich schwer haben, den Markt zu schlagen.
Prof. Famas Theorie war und ist enorm einflussreich und führte zum Wachstum der Indexfonds, die einen Vergleichsmaßstab passiv nachbilden und spart somit Investoren die hohe Gebühren für Fondsmanager, die versuchen, Fehler in den Kursen zu finden oder Prognosen abgeben.

„Der Markt kann nur wissen, was bekannt ist!“

Einer der häufigsten Kritikpunkte an der Theorie effizienter Märkte ist, Märkte können doch nicht effizient sein, weil sie sehr volatil und irrational werden und in Zeiten extremer Unsicherheit abstürzen können.
Denken Sie an die Pleite von Lehman Brothers im Jahr 2008 zurück. Investoren waren zu diesem Zeitpunkt über einen vollständigen Zusammenbruch des Finanzsystems und einer zweiten Großen Weltwirtschaftskrise besorgt. Als sich die Dinge nicht so schlimm entwickelten, wie es die Leute erwarteten, belebte dies ihre Risikobereitschaft erneut. Die Aktienmärkte stiegen sogar erneut auf Rekordhöhen.

Nach Fama ist nichts davon unvereinbar mit der Idee der Markteffizienz. „Der Markt kann nur wissen, was bekannt ist", sagte Fama während der Finanzmarktkrise. „Der Markt kann keine Ungewissheiten lösen, welche unlösbar sind. Das heißt, wenn es große wirtschaftliche Unsicherheiten gibt, geht eine erhöhte Volatilität in den Kurs ein. Und das ist, was wir durchgemacht haben. Wenn Sie mich fragen, würde man erwarten, dass ein effizienter Markt exakt so aussieht.“

All dies impliziert, dass es für einen Anleger sehr, sehr schwer ist den konkurrierenden Markt zu schlagen, sofern er keine Kristallkugel oder Insider-Informationen besitzt. Wenn der Anleger den Markt schlägt, ist es in der Regel auf Glück als auf seine eigenen Fähigkeiten zurückzuführen.
In den letzten Jahren kam eine Herausforderung für die Idee effizienter Märkte von der Behavioral-Finance-Theorie. Danach verursachen Märkte Fehler, weil die Menschen irrational seien. Das heißt, in guten Zeiten lassen sich die Anleger von Gier leiten und Blasen entwickeln sich. Umgekehrt nehme die Angst in schlechten Zeiten zu und die Märkte sind unterbewertet.
Professor Robert Shiller, teilt dieses Jahr den Nobelpreis mit Fama und Hansen. Shiller vertritt die Ansicht, es gäbe vorhersehbare Muster für Aktienkurse und diese seien im menschlichen Verhalten begründet.

Kritiker Famas Theorie zitierten Schillers Forschungsergebnisse, die eine größere Volatilität der Aktienmärkte zeigen, als nach rein rationalen Erwartungen über die zukünftigen Dividenden gerechtfertigt werden könne.

„Sie müssen erkennen das Markteffizienz ein Modell ist!“

Die Antwort darauf ist einfach. Fama behauptete nie, die Märkte seien perfekt. Er bestritt nie das Vorhandsein von Anomalien. Eine klassische Ausnahme ist zum Beispiel der „Momentum -Effekt" – bei dem Aktien, die über einen gewissen Zeitraum signifikant besser oder schlechter als der Markt abgeschnitten haben, dazu tendieren, weiter in eine einmal eingeschlagene Richtung zu gehen.

Fama weist darauf hin, dass es sehr schwierig ist, Geld aus diesen scheinbaren Anomalien zu verdienen, weil die Kosten, die durch den Handel entstehen, um diese Effekte zu nutzen, die Gewinne kompensieren würden.

„Sie müssen erkennen, dass die Markteffizienz ein Modell ist", so Fama. „Wenn es die Wahrheit wäre, würden wir es als die Wahrheit bezeichnen. Aber es ist ein Modell, das eine Vereinfachung der Welt bedeutet. Es leistet vielem gute Dienste, aber es gibt einige Dinge, bei denen es keine gute Arbeit macht. Aber dies ist vereinzelt der Fall. Und für praktische Anlagezwecke sind die Märkte für ziemlich jeden effizient."

Anders ausgedrückt:

Wenn die Märkte nicht effizient sind, dann sollte es doch auch möglich sein, durch den Einsatz von ausgefeilten Prognosesystemen ohne Risiko dauerhaft Gewinne über eine risikolose Anlage hinaus zu erzielen. Kennen Sie diese Leute? Wir nicht. Studie für Studie zeigt, dass die meisten Fondsmanager den Markt nach Kosten und Gebühren nicht schlagen und diejenigen, die es in einem oder mehreren Jahren schaffen, nicht dazu neigen, dies in der Zukunft zu wiederholen. Schon statistisch sollte es rein zufällig mehr Warren Buffetts geben.…..

Robert Shiller, ein Kritiker der EMH, gesteht, dass es für jeden schwer ist, den Markt zu schlagen, ohne mehr Risiko einzugehen. Ein weiterer Verhaltensforscher, Professor Richard Thaler, meinte dazu, die Finanzkrise habe in gewisser Weise Famas Theorie gestärkt.
„Es ist immer noch nichts kostenlos (There is no free lunch)", schrieb Thaler in der Financial Times. „Zwei Jahre vor dem jeweiligen Höchststand waren Leerverkäufe von Internetaktien oder Las Vegas Immobilien ein gutes Rezept für die Insolvenz und niemand hat seither einen Weg gefunden, um das Ende einer Blase vorherzusagen."

„There is no free lunch!“

Aber was ist mit Schillers Idee, es gäbe doch Kursmuster, die langfristige Renditen vorhersagen? Fama widerspricht dem nicht - im Gegenteil. Seine eigene Forschung in Zusammenarbeit mit Prof. Kenneth French zeigte folgendes:
Fama und French fanden statistische Beweise, dass Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren, Aktien von kleinen gegenüber großen Unternehmen und Aktien von Unternehmen mit niedrigen relativen Preisen und hoher Profitabilität gegenüber Unternehmen mit hohen relativen Preisen und niedriger Profitabilität eine systematische dauerhafte positive Risikoprämie aufweisen (sog. Fama-French-Vierfaktoren-Modell).

In Wirklichkeit geht die Debatte darum, ob diese Risikoprämien

A) rational und/oder
B) zeitlich vorhersagbar sind.

„Wenn ich charakterisieren müsste, was mich von Shiller oder Thaler unterscheidet, ist es, dass wir im Grunde den Fakten zustimmen - es Unterschiede in der erwarteten Rendite gibt, die bis zu einer gewissen Vorhersehbarkeit der Renditen führen", sagte Fama der New York Times vor kurzem.
„Wo wir nicht übereinstimmen ist, ob es rational oder irrational ist. Und es gibt keine vorliegenden Beweise, wie jemand das in einer überzeugenden Art und Weise darlegen kann. Den Stoff, den sowohl Shiller als auch ich erforscht haben, war sehr aufschlussreich in Bezug auf das Verhalten von Renditen. Die Interpretation dessen ist offen für vernünftige Meinungsverschiedenheiten."

„Sobald es eine hohe Unsicherheit gibt, werden die Märkte volatiler sein!“

Die Hypothese effizienter Märkte ist nicht perfekt. Sogar der Mann, der die Idee ins Leben gerufen hat, gibt das zu. Aber viele seiner Kritiker stimmen mit ein, dass es ziemlich schwer ist, den Markt zu schlagen, ohne größere Risiken einzugehen. Und alle sind sich einig, dass es unmöglich ist, diese Prämien mit irgendeiner Konstanz vorherzusagen.
Unsicherheit wird immer vorhanden sein. Der Markt kann dafür nicht verantwortlich gemacht werden. Er kann nur das wissen, was erkennbar ist. Sobald es eine hohe Unsicherheit gibt, werden die Märkte volatiler sein. Deshalb diversifizieren wir.

„Erkennen Sie, dass mehr erwartete Rendite nur mit mehr Risiko zu erreichen ist!“

Wir empfehlen:

Es geht nicht darum, ob die Bewegungen an den Wertpapiermärkten rational oder irrational, die Bewertungen zu teuer oder zu billig sind. Im Unterschied zum Kauf eines Gebrauchtwagens oder einer Eigentumswohnung sind die zukünftigen Marktbewegungen an Wertpapiermärkten zufällig. Aufgrund der Vielzahl der Marktteilnehmer, die weltweit handeln, beinhalten die Wertpapierkurse zu jedem Zeitpunkt alle öffentlich bekannten Informationen und sind daher nicht vorhersehbar. Folglich ist es nicht sinnvoll, Zeit und Energie damit zu vergeuden, eine nicht vorhersehbare Zukunft vorherzusagen.

Erkennen Sie, dass mehr erwartete Rendite nur mit mehr Risiko zu erreichen ist! Die Märkte bezahlen für Ihre Risikonahme eine erwartete positive Rendite.

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Datum der ersten Veröffentlichung: 02.02.2014

Datum der Aktualisierung: 02.02.2014

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