No. 21: Theorie und Praxis

von Thomas Freiberger

Und wieder bestätigt die Praxis die Theorie!

Weltportfolio_Geldanlage

 

Die Zahlen sind wie immer unerbittlich.

Seit 2002 veröffentlicht Standard & Poors jedes Jahr Datenanalysen über die Prognosefähigkeiten von Fondsmanagern. Betrachten wir den letzten Fünfjahreszeitraum:

In den Vereinigten Staaten wurden 88,43% aller US-Aktienfonds von einer Vergleichsgröße, dem S&P Composite 1500, übertroffen. Vom Spitzenquartil des Septembers 2011, den oberen 25%, blieben allerdings im September 2015 nur 0,28% übrig. Die Zahlen für europäische Fonds sind ähnlich.

Auf Dauer ist es nur sehr wenigen und immer anderen Fondsmanager vergönnt, bessere Wertentwicklungen als ihre risiko-adjustierten Vergleichsgrößen abzuliefern. Somit bestätigt sich immer wieder, was Forscher seit den 1970er Jahren erklären:

Die Wertpapierkurse beinhalten bereits alle öffentlich verfügbaren Informationen! Die besten Aktien oder den optimalen Ein- oder Ausstiegszeitpunkt zu finden ist Zufall.

In unserem Vermögensverwalterbrief lassen wir Sie in die Forschung eintauchen:

 

Die Effizienzmarkthypothese

Als am 14. Oktober 2013 bekannt wurde, dass der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, neben Robert J. Shiller und Lars Peter Hansen, an den US-amerikanischen Professor Eugene F. Fama ging, war die Überraschung groß. Damit hatte fast niemand mehr gerechnet. Dabei hatte Fama die Weltsicht auf Kapitalmärkte grundlegend verändert:

1970 hatte er seine Theorie der effizienten Märkte (Effizienzmarkthypothese, EMH) vorgestellt. Seit diesem Zeitpunkt dominierte seine Lehre die Finanzwelt und die Wirtschaftswissenschaften: Wertpapiermärkte sind informationseffizient, damit ist gemeint, dass der gegenwärtige Marktpreis eines Wertpapiers bereits alle öffentlich zugänglichen Informationen (einschließlich Gerüchten, Hoffnungen, „Spekulationen“, Befürchtungen und Erwartungen) beinhaltet. Überrenditen können nur durch die Inkaufnahme von mehr Risiko erzielt werden.

In den Neunzigerjahren wuchs die Zahl der Kritiker seines Modells, doch erst mit dem Beinahe-Kollaps des weltweiten Finanzsystems nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers 2008 war es vorbei mit dem ökonomischen Konsens.

Kaum eine These war so lange unangefochten und wurde dann in der Finanzkrise derart diskreditiert wie die EMH. Wenige fanden die Welt der Börsen noch effizient. Eugene Fama und seine These schienen von der Zeit überholt. „Die Effizienzmarkttheorie wurde auf dem Weltwirtschaftsgipfel 2009 in Davos offiziell zu Grabe getragen. Es gab keine Trauergäste", spottete die britische „Financial Times".

Doch ist die EMH tatsächlich tot? Famas Theorie habe in der Finanzkrise versagt, sagen ihre Kritiker, die Zeit sei reif für ein neues Paradigma. Fama hält dagegen: „Bislang habe niemand einen belastbaren Gegenentwurf präsentiert. Er sei Empiriker und brauche Beweise.“

"Die Wertpapierkurse beinhalten alle öffentlich verfügbaren Informationen!"

Die Effizienzmarkthypothese ist nicht tot, sondern sehr lebendig!

Die Praxis konnte die Theorie bisher nicht widerlegen: Die Wertpapierkurse beinhalten zu jedem gegebenen Zeitpunkt alle öffentlich verfügbaren Informationen. Fehlerhafte Preise können entstehen, jedoch in keinem vorhersehbaren Muster aus dem dauerhaft nach Kosten ein Vorteil entstehen könnte.

Es geht nicht darum, ob die Schwankungen der Wertpapiermärkte rational oder irrational, die Bewertungen zu teuer oder zu günstig sind. Die Wertpapiermärkte beinhalten im Unterschied zum Kauf einer Eigentumswohnung alle öffentlich bekannten Informationen. Die Märkte liefern deshalb auf lange Sicht bessere Preisschätzungen als einzelne Marktteilnehmer.

Die EMH ist nicht vollkommen. Der Urheber der These selbst räumt dies ein: „Sie müssen realisieren, dass Markteffizienz ein Modell ist“, sagt Fama. „Wenn es die Wahrheit wäre, würden wir es die Wahrheit nennen. Es erweist einen guten Dienst auf fast allen Gebieten, es gibt jedoch Aspekte, bei denen es uns nicht behilflich ist. Dies betrifft jedoch sehr wenige Aspekte. Und zu praktischen Anlagezwecken sind die Märkte mehr oder weniger für jeden effizient.

"Keiner kann den Markt dauerhaft schlagen!"

Wir empfehlen:

Der Anleger muss radikale Schlussfolgerungen ziehen:

Er braucht keine Börsennachrichten mehr verfolgen, keine Freunde mehr nach heißen Tipps fragen und auch keine aktiv verwalteten Fonds mehr kaufen, bei denen teuer bezahlte Fondsmanager behaupten, sie können die Aktien herausfiltern, die besonders viel Kurspotenzial haben – oder gar den besten Ein- oder Ausstiegszeitpunkt finden.

Für den Anleger bedeutet das:

Keiner kann den Markt dauerhaft schlagen! Die Ergebnisse der Fondsmanager belegen dies. Denn es gibt niemanden, der über viele Jahre besser als der Markt abschnitt. Einigen Fondsmanagern gelingt dies für eine gewisse Zeit, dann fallen sie wieder auf oder unter den Durchschnitt.

Diese Einsicht ist nur der Anfang. Denn gleich darauf steht für jeden Anleger die Entscheidung an, wie viel Risiko er eingehen kann und will. Danach geht es an die Feinjustierung: Prognosefreies Investieren kann mit Hilfe von passiven Fonds auf Indices oder Anlageklassen umgesetzt werden. Unter den Gesichtspunkten der Diversifikation ist es am besten im Aktienanteil die ganze Welt abzubilden. Nach größeren Börsenschwankungen muss die ursprünglich geplante Aufteilung zwischen Aktien und Anleihen durch Umschichtungen (Re-Balancing) wiederhergestellt werden.

Gerade für das prognosefreie Investieren benötigt der Anleger einen guten Vermögensverwalter, der diesen Ansatz mit Disziplin erfolgreich umsetzt.

 

Datum der ersten Veröffentlichung: 08.04.2016, 17:00h

Datum der Aktualisierung: 08.04.2016

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