No. 27: Zinsanstieg

von Thomas Freiberger

Steigende Zinsen - fallende Aktienkurse?

Steigende_Zinsen_fallende_Aktienkurse

Sollten sich Anleger, die Aktien in ihrem Portfolio besitzen, Gedanken über Zinsänderungen machen?

Die empirische Kapitalmarkforschung zeigt, dass Aktienkurs– als auch Zinsprognosen nur zufällig richtig sind. Ein Investmentansatz, der sich auf Prognosen stützt, wird deshalb nur zufällig erfolgreich sein. Ungeachtet der Unberechenbarkeit von Zinsänderungen möchten viele Anleger wissen, wie sich steigende Zinsen auf Aktien auswirken. Anders als Anleihekurse, die bei steigenden Zinsen fallen, können Aktienkurse bei Zinsänderungen steigen oder fallen, da der Kurs einer Aktie sowohl von den zukünftigen Zahlungsströmen als auch vom jeweiligen anwendbaren Abzinsungssatz abhängig ist. Wenn Zinsen steigen, erhöht sich der Abzinsungssatz. Als Folge werden die zukünftig erwarteten Zahlungsströme niedriger bewertet, was zu einem niedrigeren Aktienkurs führt. Es ist jedoch ebenfalls möglich, dass sich bei einer Änderung der Zinsen auch die erwarteten zukünftigen Zahlungsströme ändern, also steigen, was den Zinseffekt ausgleicht und die Aktienkurse erhöht.

Wenn sich also in der Theorie die Gesamtauswirkungen nicht abschätzen lassen, stellt sich als nächstes die Frage, ob Informationen aus vergangenen Daten gewonnen werden können.

Ergebnisse der empirischen Kapitalmarkforschung

Neuere empirische Analysen geben uns wertvolle Hinweise (Wei Dai: „Interest Rates and Equity Returns“, Dimensional Fund Advisors, April 2017). Dabei wurde der Zusammenhang zwischen den monatlichen Renditen US-amerikanischer Aktien und Zinsänderungen untersucht (Korrelation). Die Abbildung zeigt, dass bei Aktienrenditen ein heftiges Auf und Ab ohne klar erkennbares Muster zu beobachten ist. Außerdem ist erkennbar, dass diese Schwankungen offenbar kaum mit den Änderungen des effektiven Leitzinses der US amerikanischen Notenbank, der FED, zusammenhängen.

Abbildung:

Monatliche Renditen US-amerikanischer Aktien im Vergleich zu den monatlichen Veränderungen des effektiven Leitzinses der US-amerikanischen Notenbank, August 1954 – Dezember 2016:

 

Die monatlichen Renditen von US-Aktien werden durch die monatliche Rendite des Fama/French Total US Market Index wiedergegeben und werden mit der gleichzeitigen monatlichen Veränderung des effektiven Leitzinses der US-amerikanischen Notenbank verglichen.

 

Beispielsweise bewegten sich Aktienrenditen in Monaten, in denen der Leitzins stieg, zwischen einem Tiefstand von -15,56% und einem Höchststand von 14,27%. In Monaten, in denen die Leitzinsen zurückgingen, bewegten sich die Renditen hingegen innerhalb einer Bandbreite von -22,41% bis 16,52%. Aufgrund der Tatsache, dass es neben dem US-amerikanischen Leitzins noch viele weitere Zinssätze gibt, untersuchte Wei Dai auch längerfristige Zinssätze und gelangte zu vergleichbaren Ergebnissen (Anmerkung: Unsere Untersuchungen der europäischen Aktienmärkte und EUR-Zinsen ergaben vergleichbare Ergebnisse).

Kommen wir jedoch auf unsere Eingangsfrage zurück, ob steigende Zinsen auch automatisch fallende Aktienkurse bedeuten?

Die Antwort lautet „Ja“ - jedoch nur in 40% der Fälle.

In den verbleibenden 60% der Monate mit steigenden Zinsen waren die Aktienrenditen positiv. Eine ähnliche Aufteilung zwischen positiven und negativen Renditen ergab sich auch, wenn nicht nur die Monate mit steigenden, sondern auch jene mit fallenden Zinsen untersucht wurden. Mit anderen Worten: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Aktienmarktrenditen und Zinsänderungen.

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Aktienmarktrenditen und Zinsänderungen.

Fazit:

Es gibt keinen Nachweis dafür, dass Anleger Zinsänderungen zuverlässig vorhersagen können. Doch auch eine verlässliche Vorhersage künftiger Zinsentwicklungen liefert kaum Anhaltspunkte für die nachfolgende Entwicklung von Aktienrenditen. Wir raten deshalb: Anleger sollten entsprechend ihrer individuellen Risikotragfähigkeit langfristig investiert bleiben und sich nicht aufgrund kurzfristiger Vorhersagen zu Änderungen ihres Portfolios verleiten lassen. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie nachhaltig jene positiven erwarteten Renditen erhalten, die der Aktienmarkt bietet.

 

Datum der ersten Veröffentlichung: 29.06.2017, 13:00h

Datum der Aktualisierung: 29.06.2017

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