No. 14: Immobilien

von Thomas Freiberger

Immobilien und finanzielle Katastrophen

Immobilien

 

„Vermeiden Sie Konzentrationsrisiken. Als Hauseigentümer würde ich mich davor hüten, eine zweite Immobilie zu kaufen. Eine Überinvestition in Immobilien kann in die Katastrophe führen.“

Professor Robert Shiller, Yale University, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2013

 

1. Allgemeines zu Immobilien

1.1 Herrschende Meinung

„In den Ballungszentren, in denen die Bevölkerung wächst, werden die Kaufpreise und die Mieten für Wohnimmobilien weiter steigen. Lt. Immobilienexperten gibt es keine Überhitzung des Marktes und keine Anzeichen, dass sich die Situation auf den Immobilienmärkten der gefragten Ballungszentren entspannen wird. Die niedrigen Kapitalmarktzinsen und Finanzierungskosten locken Kapitalanleger, die vor Jahren wegen der geringen Renditen verschwunden waren, wieder in den Markt. Die Kaufbereitschaft ist sowohl bei den Kapitalanlegern als auch bei den Eigennutzern trotz steigender Preise nach wie vor sehr groß. Gleichzeitig stößt diese Nachfrage auf ein begrenztes Angebot, da viele Eigentümer sehr zurückhaltend mit dem Verkauf ihrer Immobilie geworden sind. Dies wird weiter durch die allgemeine Verunsicherung über die Finanzmärkte, den Vertrauensverlust in den Euro und der in Deutschland latent vorhanden Inflationsangst verstärkt. Wohnimmobilien gelten in diesem Umfeld als idealer Baustein einer Vermögensanlage.“ Ich betrachte die herrschende Meinung kritisch.

1.2 Verschiedene Anlagemöglichkeiten in Immobilien

Vermögensanlage sollte in Vermögensgegenstände erfolgen, die langfristig eine dauerhafte reale Rendite erzeugen. Im liquiden Teil Ihres Vermögens investieren Sie in Aktien und festverzinsliche Wertpapiere. Die Rendite wird in Form von ausgeschütteten oder einbehaltenen Dividenden oder Zinsen erwirtschaftet. Im illiquiden Teil Ihres Vermögens erzielen Sie Mieten für Ihre Immobilien. Die Anlageklasse Immobilien kann deshalb bei Beachtung bestimmter Randbedingungen eine sinnvolle Komponente einer global diversifizierten Vermögensverwaltung sein.

Es gibt verschiedene rechtliche und wirtschaftliche Formen, Geld in Immobilen anzulegen:

Eigenheim
Vermietete einzelne Wohnimmobilien (siehe 2. Vermietete Wohnimmobilien)
Geschlossene Immobilienfonds
Offene Immobilienfonds
Globale REITs (Real Estate Investment Trusts)

Ein Eigenheim ist eine spezifische Form der Immobilieninvestition, bei dem Konsum- und Investmentnutzen untrennbar miteinander verschmolzen sind. Eine Anlage in ein Eigenheim und deren Fremdfinanzierung sind ist zwar Bestandteile einer privaten Vermögensbilanz, jedoch ist das Ziel der Anlage nicht primär das Suchen nach Rendite, sondern eine private Frage des persönlichen Lebensstils.

Geschlossene oder offene Immobilienfonds scheiden als Anlagevehikel aus Gründen der niedrigen Transparenz, hohen Kosten, hoher Konzentration auf wenige Immobilien und hoher Komplexität aus. In den vergangenen Jahren fielen diese Rechtsformen der Immobilienanlage aufgrund von Rechtsstreitigkeiten und Beratungsskandalen negativ auf.
Globale REITs sind in der Form einer kostengünstigen passiven und globalen Variante mit vielen einzelnen meist gewerblichen Immobilien eine sinnvolle Ergänzung eines Aktien- und Rentenportfolios. Die historischen Renditen und Renditeschwankungen (Volatilität) lagen in der Größenordnung von Anlagen in ein weltweites Aktienportfolio, jedoch nicht mit gleichem Verlauf (Korrelation zwischen 0,4 bis 0,6). Aufgrund der Vielzahl der einzelnen Immobilienobjekte in REITs fallen Risiken aus dem Ausfall einzelnen Immobilienobjekte und Länderrisiken weg (sog. Vermeidung von unsystematischen Risiken). Die langfristigen positiven realen Renditeeigenschaften von Immobilien bleiben bestehen (systematische Risiken und Renditen).

Deshalb sind unsere Mandanten über ihre Aktienanteile auch in REITs investiert. Wir gewichten Immobilien jedoch nicht über. Sofern die private Vermögensbilanz unserer Mandanten wenige Immobilen ausweist und eine Alternative zu Aktien und Renten gesucht wird, ist eine zusätzliche Gewichtung von globalen REITS in Erwägung zu ziehen.

2. Vermietete Wohnimmobilien mal anders betrachtet

Im Folgenden betrachte ich vermietete Wohnimmobilien mit den Erkenntnissen der modernen Kapitalmarktforschung.

„Immobilienanlagen besitzen auch nach einer globalen Diversifikation ein Restrisiko!“

2.1 Risikoeigenschaften

Die Rendite über einer sehr sicheren Geldanlage, wie kurzfristige Bundesanleihen, entsteht aus dem Eingehen von Risiko. Ohne Risiko ist keine zusätzliche Rendite möglich.
Das gesamte Risiko von Vermögensanlagen lässt sich in zwei Bestandteile zerlegen:

unsystematisches Risiko:
Dieses Risiko entsteht aus der Anlage in einzelne oder wenige Aktien, Immobilien, Unternehmungen, Beteiligungen, Länder oder Branchen. Dieses Einzelrisiko kann durch Streuung (Diversifikation) verringert werden. Die Diversifikation kostet einem Anleger fast nichts. Der Markt ist deshalb nicht bereit, für eine geringe Diversifikation eine zusätzliche Rendite zu bezahlen. Denn sie kann durch Diversifikation verringert werden. Der Markt könnte für ein Einzelrisiko eine zusätzliche Rendite gewähren. Allerdings tritt dies nur zufällig, nicht dauerhaft und ohne Systematik auf – deshalb bezeichnet die Forschung dieses Risiko als unsystematisches Risiko.

systematisches Risiko:
Immobilienanlagen besitzen auch nach einer globalen Diversifikation ein Restrisiko. Dieses Restrisiko kann durch Diversifikation nicht verringert werden. Deshalb bezahlt der Markt für dieses Restrisiko eine Risikoprämie. Es würde keine Investitionen in Immobilien geben, wenn diese Risikoprämie in der Zukunft nicht zu erwarten wäre.

Diese Risikoprämie schwankt und verursacht Gewinne und Verluste. Ein funktionierender Markt verlangt: Es muss eine Erwartungshaltung bestehen, dass es eine positive zukünftig zu erwartete Rendite geben wird. Deshalb der Ausdruck systematisches Risiko, das eine systematische nicht zufällige Rendite erwarten lässt.
Es ist sinnvoll, in Immobilien zu investieren. Global und über alle verschiedenen Formen von Immobilien betrachtet besteht eine positive erwartete Rendite. Um diese systematische Renditeprämie zu erzielen, sollte in globale REITs investiert werden. In lokalen Wohnimmobilien, insbesondere bei Einzelanlagen, dominiert das unsystematische Risiko. Vermeiden Sie dieses Einzelrisiko!

2.2 Liquidität

Die Anlage in vermietete Wohnimmobilien ist illiquide. Transaktionen sind teuer und langwierig:
Maklerkosten, intransparente Prozesse, hohen Steuerbelastungen, wie Grunderwerbsteuern (insgesamt ca. 11,5% des notariellen Kaufpreises für Kauf und Verkauf (1)). Vermietete Wohnimmobilien werden folglich grundsätzlich als Daueranlage gekauft. Ein Vermögen sollte in gewissen Abständen auf Veränderung des individuellen Lebens (Familie, Nachfolgeplanung, Umzug) und Marktveränderungen auf die geeignete und gewünschte Vermögensaufteilung angepasst werden. Illiquide Daueranlagen, wie Immobilien und Beteiligungen, verhindern dieses Anpassen.

2.3 Zeitaufwand

Vermietete Wohnimmobilien erfordern grundsätzlich einen größeren Zeitaufwand. Auch wenn Sie professionelle Verwalter anstellen, werden Sie die Verwalter mit einem vernünftigen Zeitaufwand überwachen wollen. Da Sie ein konzentriertes Vermögensrisiko als Klumpenrisiko eingehen, müssen Sie einen größeren Zeitaufwand einplanen.
Aus Sicht der Kapitalmarktforschung ist dieser Zeitaufwand für Anleger Zeitverschwendung – außer Sie sind ein professioneller Verwalter oder ein Unternehmen das professionell in Immobilien investiert.

2.4 Psychologie

Anlagen in Immobilien sind mit persönlichen Emotionen behaftet:
Viele Anleger neigen dazu, in bekannten, also lokalen Räumen, zu investieren. Stellen Sie sich eine Frage: Warum sind Wohnungen in München ein besseres Investment als in Frankfurt, Berlin oder Dresden?

Wohnimmobilien zu mieten sei sinnvoller, statt zu kaufen (1). Aus rein theoretischen Überlegungen heraus dürfte ein Vorteil des Mietens statt Kaufens nicht vorhanden sein. Immobilien müssten eigentlich günstiger sein. Warum sind Immobilien tatsächlich zu teuer?
Die öffentliche Meinungsbildung über Finanzanlagen der letzten Jahre verstärkte den Eindruck, Immobilien seien eine sichere Geldanlage. Anlageentscheidungen werden meistens in Übereinstimmung mit dem öffentlichen und privaten Umfeld getroffen. Abweichungen zur herrschenden Meinung lösen Unbehagen aus. Die Politik und steuerliche Förderungen von Wohneigentum verstärken den Effekt.
Untersuchungen vermuten eine irrationale Präferenz zugunsten von Wohneigentum von Seiten der meisten Haushalte. Deshalb bestehe eine latente Überbewertung von Wohnimmobilien.

2.5 Menschliche Neigung zur Überbewertung der jüngsten Vergangenheit (recency bias)

Der Mensch neigt dazu, Entwicklungen der jüngste Vergangenheit über- und die der älteren Vergangenheit unterzugewichten. Ebenso verlängern Menschen die Entwicklung der jüngsten Vergangenheit gerne in die Zukunft und unterstellen ein Fortsetzen der jüngsten Entwicklungen.

Was hat diese menschliche Neigung mit der Anlage in Immobilien zu tun?

In den meisten deutschen Städten sind die Wohnungspreise seit 2007 gestiegen. Im Durchschnitt der 25 Großstädte stagnierte der Preis für Eigentumswohnungen zunächst, von 2010 bis 2012 erhöhte er sich aber jährlich um 5,4%. Diese Auswärtstendenz zeigt sich auch für die meisten der untersuchten Großstädte separat, in Berlin, Dresden und München ist sie besonders ausgeprägt. Allerdings gab es auch Preisrückgänge in Städten des Ruhrgebietes (2).

Ebenfalls konstatierte die Deutsche Bundesbank einen kräftigen Preisanstieg der Wohnimmobilien in 2011 gegenüber 2010 (3):

Damit nehme Deutschland im europäischen Vergleich eine Sonderstellung ein – bei allerdings weitgehend umgekehrten Preistendenzen gegenüber der Zeit vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Mit Blick auf Deutschland als Ganzes werde der Aufwärtstrend der Immobilienpreise durch die vorgelegten Zahlen überzeichnet, da die Dynamik ihren Schwerpunkt in den städtischen Wachstumsregionen habe.

Auch in 2013 und 2014 setzt sich der Preisanstieg für Immobilien fort.

Es herrscht die Auffassung vor, ein Anstieg der Immobilienpreise gehe in in Deutschland in den besonders wachstumsträchtigen Regionen weiter.
Wie sieht es aber mit der Preisentwicklung von Immobilien über einem längeren historischen Zeitraum aus?

Leider gibt es wenige Langzeitstudien. Eine gute Übersicht über die vorhandenen Studien gibt Dr. Gerd Kommer in seinem Aufsatz „Die große Ernüchterung – Historische Wertsteigerungen von Wohnimmobilien“ (4):

Über sehr lange Zeiträume von über 100 Jahren betrachtet belief sich die reale Preissteigerung von Häusern in den USA, Frankreich und Norwegen bei nahe Null.

2.6 Bewertung von Immobilien und der Mietsteigerungsmythos

„Deutliche Unterschiede zwischen den Städten bestehen dagegen beim Preis-Miet-Verhältnis. Es zeigt an, um welchen Faktor der Preis pro Quadratmeter die auf ein Jahr hochgerechnete Miete übersteigt. Der Wert 19 – der Durchschnitt aller untersuchten Städte – bedeutet beispielsweise, dass ein Mieter seinem Vermieter in 19 Jahren den kompletten Preis seiner Wohnung bezahlt hat. In Berlin (25,6), München (25,4) und Hamburg (24,6) sind diese Werte am höchsten.
In diesen drei Städten haben sich die Preise deutlich von den Mieten abgekoppelt. Geht man von einem langfristigen Gleichgewicht aus, gibt es für diese Städte zwei Möglichkeiten: Entweder werden sich die Mieten in Zukunft nach oben anpassen, oder die Verkaufspreise sinken wieder.“ (2).
Lt. Angaben des DIW lagen im Jahr 2012 die durchschnittlichen Verkaufspreise von Eigentumswohnungen in Deutschland bei EUR 1.600 (München EUR 3.750). Die entsprechenden Mieten lagen bei EUR 7 pro qm (München EUR 12). Hieraus ergibt sich ein Preis-Miet-Verhältnis von 19,6 (München 25,4).
Wie sahen die Mietsteigerungen in den letzten Jahren aus? In den 10 Top-Städten in Deutschland stiegen lt. IVD die nominalen Mieten von 1992 bis 2012 um 13,61% (1,28% p.a.) an (5). Die indexierte Preisentwicklung der Kaltmieten in diesem Zeitraum ergab einen Rückgang um 19,8%. Der reale Anstieg der Mieten seit 2008 um etwas über 8% konnte diesen realen Mietrückgang bisher nicht ausgleichen. Die veröffentliche Meinung konzentriert sich auf diesen Zeitraum (siehe Punkt 2.5) und schafft eine Mietsteigerungsmythos.

Rechtlich sind Mietpreiserhöhungen bereits heute bei Bestandsmieten gedeckelt. Bei Wiedervermietungen von bestehenden Wohnungen erscheint ein breiter politischer Wille vorhanden zu sein, Mieterhöhungen ebenfalls zu kappen.

2.7 Gesamtrenditen von Immobilien

Die Gesamtrendite von Immobilien setzt sich wie folgt zusammen:

Gesamtrendite = Wertsteigerung + (Bruttomiete – lfd. Nebenkosten)

Kommer, S. 45, schlägt für Deutschland folgende grob geschätzten nachhaltigen und nominalen Werte pro Jahr (p.a. vor Steuern) vor:

 

in %

Gesamtrendite

3,20

 

 

Wertsteigerung

0,40

Bruttomiete

4,90

lfd. Nebenkosten

2,10

Nettomiete

2,80

Die langfristige Gesamtrendite ist besonders von der aktuellen Bruttomiete und den geschätzten Nebenkosten abhängig. Der Einfluß der Wertsteigerung auf die Gesamtrendite ist zu vernachlässigen.

Ein Beispiel (6):

In den ersten drei Quartalen 2013 bezahlten Käufer von Münchner Neubauwohnungen im Durchschnitt EUR 5950 pro qm. Die Miete für Bestandswohnungen bei gutem Wohnwert lag bei EUR 14/qm. Da es sich um Neubauwohnungen handelt, nehmen wir an, die Vermietung kann zu EUR 16/qm erfolgen. Die Jahresmiete liegt folglich bei EUR 192/qm. Das Preis-Mietverhältnis liegt bei knapp 31. Welche Renditen sind zu erwarten?

 

in %

Gesamtrendite

1,13

 

 

Wertsteigerung

???

Bruttomiete

3,23

lfd. Nebenkosten

2,10

Nettomiete

1,13

Nach Abzug von geschätzten nachhaltigen lfd. Nebenkosten in Höhe von 2,1% ergibt sich eine Nettomiete von 1,13% p.a.. Zum Vergleich: Die Umlaufrendite aller öffentlichen Anleihen der Bundesrepublik Deutschland liegt bei 1,30% p.a. (Stand 14.03.2014).

Wir weisen darauf hin, daß vermietete Immobilien ein höheres wirtschaftliches Risiko als Bundesanleihen besitzen (siehe Punkt 2.1 Risikoeigenschaften).

„Geht man von einem langfristigen Gleichgewicht aus, gibt es für diese Städte zwei Möglichkeiten: Entweder werden sich die Mieten in Zukunft nach oben anpassen, oder die Verkaufspreise sinken wieder.“

(DIW Wochenbericht, S. 7 (2))

2.8 Lage-Lage-Lage und die Frage der Prognostizierbarkeit von Immobilienpreisen

Eine aus kaufmännischer Sicht unzureichende Mietrendite rechtfertigen viele Immobilienmakler damit, dass Top-Städte von ihrer Top-Lage profitieren. Deshalb können die Verkaufspreise nur weiter steigen. Kommer (1) führt auf S. 99 ff. mehrere bekannte Länder und Städte auf, bei denen diese Behauptung nicht zutraf:
USA: Von 1890 bis 1996 stieg die Wohnbevölkerung der USA um 327% an; die Immobilienpreise über den gesamten Zeitraum nur um 5,8%!
Frankreich: Paris als die Stadt des zentralistischen Frankreichs verzeichnete geringere Immobilienpreissteigerungsraten als das restliche Frankreich.
Norwegen: Oslo, die Hauptstadt und das Zentrum Norwegens, erzielte ebenfalls die niedrigsten Steigerungsraten im gesamten Land.
Dies traf auch auf San Francisco in den USA zu.

Manche Städte in den neuen Bundesländern Deutschlands erzielten höhere Preissteigerungen als viele Städte in den alten Bundesländern.
Es gilt der kaufmännische Grundsatz: Letztlich bestimmt dauerhaft und langfristig das Preis-Miet-Verhältnis die Rentabilität eines Immobilienkaufs. Wenn das Verhältnis hoch ist, kann die zukünftige Rentabilität nicht hoch sein.

Aber was ist mit Wertsteigerungen aufgrund der Lage?

Nur eine Veränderung einer bereits öffentlich bekannten Lages verändert den zukünftigen Preis einer Immobilie. Die bekannte und erwartete Lage sollte ein Verkäufer im Verkaufspreis bereits berücksichtigt haben (sog. Informationseffizienz des Marktes). Deshalb kann der Käufer mit öffentlich bekannten Informationen keine Wertsteigerung erwarten.
Wenn jemand in München kauft, kauft er deshalb bereits heute die bekannte sehr gute Lage. Eine Wertsteigerung aufgrund der Lage wäre nur bei einer Verbesserung über den heutigen Stand der Lage hinaus möglich. Das kann möglich sein.

Wir nennen dies Spekulieren (Hoffen) und nicht Investieren – oder das Verwechseln von teuer und rentabel.

Ein gutes Beispiel: Im Gesellschaftsspiel Monopoly sind Erwerb und Bebauen der einfachen aber billigen Badstraße (Value) gewinnträchtiger als die noble aber teurere Schloßallee (Growth). Im Aktienbereich verhält es sich mit Value versus Growth ähnlich.

2.9 Inflationsschutz durch Immobilien

Die öffentliche Meinung schreibt Immobilien einen Inflationsschutz zu. Kommer (1) führt vier Gründe auf, warum sich die öffentliche Meinung täuscht (S. 59 bis 63).

Geldillusion:

„Die nominale Wertsteigerung von Immobilien wird mit der tatsächlich realen Wertsteigerung verwechselt. Nach Berücksichtigung von Inflation blieb von der optisch hohen (nominalen) Wertsteigerung deutscher Wohnimmobilien von über 210% in den letzten 40 Jahren nichts mehr übrig, d.h. inflationsbereinigt ist der Preis einer durchschnittlichen Immobilie in Deutschland seit 1970 nicht gestiegen. Somit hat – jedenfalls auf der Basis der Wertsteigerungen allein – keine Vermögensbildung stattgefunden.“

Überschätzen der realen Renditen aller Anlagen:

Umfragen bestätigen, dass sich der Großteil der Anleger über die Höhe realer Renditen täuscht. Die realen Renditen werden zu hoch eingeschätzt.

Unterschätzen des Renditevorsprungs von Wertpapieranlagen:

Ein aus Renten und Aktien gemischtes globales Portfolio lag historisch in den Rendite-Risiko-Kennziffern besser als vermietete Wohnimmobilien. Insbesondere ein Portfolio aus 15 bis 20% Aktienquote besitzt besonders gute Kennziffern. Die Risikoeigenschaften von Wohnimmobilien werden aufgrund des Fehlens täglicher Marktpreise unterschätzt, das Risiko eines gemischten Portfolios aufgrund täglicher Preisstellung überschätzt.

Unterschied zwischen erwarteter und unerwarteter Inflation: Grundsätzlich schützen alle Vermögensgegenstände gleich vor erwarteter Inflation.

Eine erwartete Inflation ist im Kalkül des Käufers bzw. Verkäufers aller Vermögensgegenstände berücksichtigt. Nur unerwartete Änderungen der Inflationsraten können nicht im Preis berücksichtigt werden, da diese Veränderungen nicht prognostizierbar sind. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob ein Vermieter große unerwartete Inflationssprünge an seine Mieter weitergegeben kann – rechtliche Begrenzungen sprechen dagegen.

Ich warne davor, aufgrund der veröffentlichen Meinung Schlüsse auf zukünftige volkswirtschaftliche Entwicklungen zu ziehen. Daraus sollten keine Empfehlungen über den Kauf von Immobilien abgeleitet werden:
Trotz laufender Wiederholung gibt es in den großen Wirtschaftsräumen der Erde keine sog. Geldschwemme, die zu einer zukünftigen inflationären Entwicklung führen müsste. Die aktuelle Veränderungsrate der Geldmenge M3 gegenüber dem Vorjahr liegt bei 1,2% p.a. (Stand Januar 2014). Um den EUR-Volkswirtschaften einen ausreichenden Finanzrahmen zu gewähren sollte diese Veränderungsrate bei ca. 6% p.a. liegen. Aus historischer Sicht ist diese schwache Entwicklung eher ein Vorläufer einer deflatorischen Entwicklung.
Immobilien schützen nicht besser oder schlechter vor einer unerwarteten Inflation als andere Vermögensanlagen. Prognosen über die Entwicklung unerwarteter Inflation können nicht abgeben werden. Ihr Kauf sollte deshalb unabhängig von Inflationsprognosen erfolgen.

2.10 Finanzierung von Immobilien

Finanzierungsentscheidungen sollten auf der Ebene Ihrer gesamten privaten Vermögensbilanz getroffen werden. Grundsätzlich sollten Sie Ihre private Vermögensbilanz durch Kreditaufnahme für eine Vermögensanlage nicht verlängern. Sie erhöhen Ihr Risiko, die Renditeerhöhung ist jedoch nicht gewiss.

2.11 Emotionale Rendite

Ein Wertpapierportfolio liefert abstrakte Renditen. Als Vermieter erkennen Sie genau, woraus Ihr Ertrag stammt. Ihre Immobilien und Mieteinkünfte sind greifbar. Viele Anleger entwickeln einen emotionalen Bezug zu Ihren Immobilien. Wenn dieser Bezug für Ihre persönliche Zufriedenheit positiv ist und Sie einen zusätzlichen Sinn erkennen, erfahren Sie möglicherweise eine zusätzliche emotionale aber nicht messbare Rendite.

3. Zusammenfassung zu vermietete Wohnimmobilien als Vermögensanlage

Immobilien insbesondere mit Fremdfinanzierung sind hoch-komplexe Finanzinstrumente. Die letzte sog. Finanzmarktkrise war und ist ursächlich eine Immobilienkrise.

Unser Fazit:
Ihr Vermögen sollte zu Ihnen als Mensch oder Familie passen und nicht umgekehrt. Immobilien können durchaus über die Anlage in ein Wertpapierportfolio hinaus zusätzliche persönliche Werte schaffen. Da diese Werte emotionale Werte sind, können wir diese nicht messen.

„Vermeiden Sie Konzentrationsrisiken!“

Als Vermögensverwalter meinen wir, dass Direktimmobilien, wie vermietete Wohnimmobilien, nicht zur Verbesserung eines Gesamtportfolios eines Anlegers beiträgt.
Wir schließen uns Prof. Robert Shiller an: Vermeiden Sie Konzentrationsrisiken. Als Hauseigentümer sollten Sie sich davor hüten, eine zweite Immobilie zu kaufen. Eine Überinvestition in Immobilien kann in die Katastrophe führen.
Sie verbessern das Chance- und Risikoprofils Ihres Gesamtvermögens einfacher und kostengünstiger mit passiven Investmentfonds in Verbindung mit einer finanziellen Lebensplanung!

 

Literaturhinweise:

(1) Kommer, Dr. Gerd: „Kaufen oder Mieten? Wie Sie für sich die richtige Entscheidung treffen“, Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 2010

(2) Kholodilin, Konstantin A.; Mense, Andreas: „Wachsende Großstädte – steigende Wohnungspreise“, DIW Wochenbericht, 45/2012

(3) Deutsche Bundesbank: „Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland 2011“, Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Februar 2012, S. 54 bis 55

(4) Kommer, Dr. Gerd: „Die große Ernüchterung – Historische Wertsteigerung von Wohnimmobilien“, ETF Markt Know-How, 2010

(5) IVD: „Bundesweit nur 9,4 Prozent Mietwachstum in den vergangenen 20 Jahren“, Pressemitteilung, 29.01.2013

(6) Remien, Andreas: „Von Gipfel zu Gipfel“, Süddeutsche Zeitung Nr. 7, Teil Immobilien, 10.01.2014

 

Datum der ersten Veröffentlichung: 02.02.2014, 14:00h

Datum der Aktualisierung: 02.02.2014

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