No. 17: Chartanalyse

von Thomas Freiberger

Chartanalyse ist Zeitverschwendung

Chartanalyse_Börsenkurse

 

„Da malen erwachsene Männer mit Bleistift und Lineal die Kursverlaufslinien von Wertpapieren mit Wimpeln, Trendlinien und allen möglichen anderen Figuren, in der Erwartung, auf diese Weise schnellstmöglich reich zu werden. Dass dies indes wenig mehr ist als ein teurer Irrglaube, lässt sich mit Mitteln der Mathematik theoretisch zeigen – und obendrein empirisch belegen!”

Prof. Martin Weber (Universität Mannheim)

Was ist eigentlich technische Analyse?

Bei der technischen Analyse oder Chartanalyse wird versucht, aus dem Kursverlauf, dem Chart, eine Vorhersage für die Zukunft zu treffen. Fundamentale Daten wie die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen eines Unternehmens werden bei der technischen Analyse nicht berücksichtigt.

Was sind die wichtigsten Methoden/Formationen?

Es wurden Figuren und Formationen entwickelt, die den zukünftigen Kursverlauf prognostizieren sollen. Dazu gehören gleitende Durchschnitte, Schulter-Kopf-Schulter Formationen, Widerstandslinien, Flaggen und viele mehr.

Gibt es Untersuchungen über deren Treffsicherheit?

Burton Malkiel, Autor des Klassikers „A Random Walk Down Wall Street“, 1973, untersuchte beispielweise Widerstandslinien (1).

Dabei stellt er fest, dass sich die Marktentwicklung nach einem Kaufsignal überhaupt nicht von der Entwicklung nach einem Verkaufssignal unterscheidet. Auch das Auffinden von bestimmten Mustern in Kursverläufen wie Flaggen und Wimpel oder Schulter-Kopf-Schulter Formationen kann nicht wirtschaftlich genutzt werden.

"Die Marktentwicklung unterscheidet sich nach einem Kaufsignal überhaupt nicht von der Entwicklung nach einem Verkaufssignal!"

Eine Studie von Finanzprofessoren der Massey University in Neuseeland aus dem Jahre 2010 untersuchte mehr als 5.000 technische Handelsstrategien nach dem Mehrwert technischer Analyse (2). Die Autoren fanden keine Beweise, dass die Gewinne technischer Handelsstrategien größer als bei rein zufälliger Datenanalyse wären. Die Studie umfasste mehr als 5.000 populäre Handelsstrategien in 49 Industrie-und Schwellenländern. Die meisten anderen Studien untersuchen weit weniger Strategien und Märkte. Die Forscher beschäftigten sich sowohl mit Industrie- als auch Schwellenländern. Sie ermittelten weiter, ob technische Analyse in weniger entwickelten (oder ineffizienten) Märkten erfolgreich ist: Technische Analyse in den Schwellenländern funktioniere besser als in entwickelten Märkten, aber dies sei kein gutes Ergebnis, so die Kapitalmarktexperten.

Gegen Chartanalyse spricht auch eine wichtige Erkenntnis der evidenzbasierten Kapitalmarktforschung (3):

Wertpapiermärkte sind „informationseffizient“. Der aktuelle Marktpreis beinhaltet bereits alle öffentlich zugänglichen Informationen. Alle alten und bekannten Informationen sind bereits in der Preisfindung an den Börsen berücksichtigt. Deshalb kann eine Betrachtung von Charts keine Überrendite hervorbringen, da diese nur die grafische Veranschaulichung von alten Kursverläufen sind.

Welche Bedeutung kann die Chartanalyse für die Strukturierung eines privaten Vermögens haben?

 Chartanalyse sollte keine Bedeutung für die Strukturierung eines privaten Vermögens haben. Stattdessen sollte sich ein vernünftiger Anleger um die Dinge kümmern, die er beeinflussen kann: die Höhe des eingegangenen Risikos in Abstimmung mit seiner objektiven und subjektiven Risikotragfähigkeit, Kosten der Anlagen (passive Anlagen besitzen eine erhebliche niedrigere Kostenquote als aktive) und Steuern (häufiges Umschichten verursacht mehr Steuern).

Wie kann der Privatanleger von der Chartanalyse profitieren?

Überhaupt nicht. Chartanalyse schadet einem Anleger.

"Chartanalyse ist Zeitverschwendung!"

Was sagte im Moment die Chartanalyse, wie sich DAX, US-Dollar und Gold in den nächsten Monaten entwickeln werden?

Die Wissenschaft ist nach der Analyse statistischer Daten eindeutig:

Mit Chartanalyse kann die Zukunft nicht prognostiziert werden. Kapitalmärkte sind „informationseffizient“. Damit ist gemeint, dass der gegenwärtige Marktpreis eines Wertpapiers bereits alle öffentlich zugänglichen Informationen (einschließlich Hoffnungen, Spekulationen, Gerüchten, Befürchtungen und Erwartungen) beinhaltet. Die öffentlich bekannten Informationen sind zu jedem Zeitpunkt schon eingepreist. Alle zukünftigen unbekannten Informationen kennen wir nicht. Deshalb ist eine Prognose über zukünftig unbekannte Informationen Spekulation.

Was ist nach Stand der Kapitalmarktforschung prognostizierbar?

Die Wertpapiermärkte belohnen dauerhaft das Eingehen von systematischen Risiko:

Beispiel: Aktien sind mit größerem Risiko als Anleihen behaftet. Deshalb besitzen Aktien eine positive Renditeerwartung oder Belohnung. Diese Belohnung findet jedoch in einem nicht vorhersehbaren Muster statt. Deshalb sollte ein vernünftiger Anleger eine auf seine objektive und subjektive Risikotragfähigkeit abgestimmte finanzielle Lebensplanung entwickeln.

 

Literaturhinweise:

(1) Malkiel, Burton G.: A Random Walk Down Wall Street, Norton, New York, London, 2011

(2) Marshall, Ben R.; Cahan, Rochester H.; Cahan, Jared M.: Technical Analysis Around the World, Massey University, New Zealand, 2010

(3) Weber, Prof. Dr. Martin, u.a.: Market Timing - Kaufst Du heut’ nicht, kaufst Du morgen, Universität Mannheim, 2009, S. 4

 

Datum der ersten Veröffentlichung: 05.05.2014

Datum der Aktualisierung: 23.05.2014

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